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Das Gebäude

Für alle stadthistorisch Interessierten folgen einige Informationen über die Entwicklungsgeschichte des Gebäudekomplexes rund um die Scheune, der heute in städtischem Besitz als Kulturtreff, Stadtbücherei und Bürgerbüro genutzt wird. Eine ausführliche Darstellung dieser mit dem Hessischen Denkmalschutzpreis ausgezeichneten vorbildlichen Sanierungsmaßnahme findet sich in dem Buch Geisenheim. Bachelin-Haus und Altstadtsanierung als Band 10 (2012) der Beiträge zur Kultur und Geschichte der Stadt Geisenheim.

Der Geisenheimer Kulturtreff „Die Scheune“ in der Beinstraße 11 wurde nach grundlegender Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes im Dezember 1990 seiner Bestimmung übergeben. Die vorbildliche Instandsetzung des 2009 als Bürgerbüro eingeweihten Bachelin-Hauses in der Beinstraße bildete den Abschluß und Höhepunkt der Stadtsanierung in Geisenheim.

Der Geisenheimer Heimatforscher Eugen Duell hat in dem Aufsatz

Das Dreimädelhaus in der Beinstrasse in Geisenheim

die Eigentumsgeschichte des Gebäudekomplexes erzählt sowie dessen Entstehung im 17. Jahrhundert aus einer hufeisenförmigen Hofanlage mit Herrenhaus, Wohnhaus, Scheune sowie Wagen- und Gerätehalle beschrieben.

Die Eigentümer sind bis in die Zeit um 1800 bekannt, als eine Familie Häffner aus Nackenheim, die das Haus und umfangreiche Weinberge dazu besaß.

Deren Tochter heiratete einen Mann namens Foulet. Aus dieser Ehe entspross eine Tochter namens Margarete. Sie heiratete im Jahre 1819 einen Offizier namens Bachelin, der in Karlsruhe stationiert war. Er verstarb 1838 und hinterließ eine kinderreiche Familie in Karlsruhe. Die Witwe zog mit ihren Kindern nach Geisenheim in das Weingut in der Beinstraße. Von den Kindern blieben drei Mädchen unverheiratet, die fortan das Haus bewohnten. Sie zogen gemeinsam einen Neffen groß, der sich später in Konstanz als Notar niederließ. Seine Familie, die in Bodman am Bodensee ein Anwesen besaß, führte das Haus in Geisenheim als Sommerresidenz.

Von den Nachkommen ging eine Tochter als Ordensschwester in ein Kloster am Bodensee, während die Töchter Agnes, Anna und Maria unverheiratet 1924 das Haus in Geisenheim übernahmen. 1940 verkauften sie den nördlichen und südlichen Flügelbau und die Weinberge an Georg Görisch, der hier ein Weingut und eine Weinhandlung führte. Nach seinem Ableben Anfang der 60er Jahre verkaufte die Witwe Görisch nach und nach die Weinberge und 1966 ihr Wohnhaus und das Kelterhaus. Die drei Geschwister Bachelin, die im Herrenhaus wohnten, sind in den 90er Jahren verstorben.

Der frühere Gebäudekomplex an der Beinstraße 5 in Geisenheim war eine umfangreiche hufeisenförmige Hofanlage.

Karte Gebäude


A) Das Herrenhaus

Das Herrenhaus, der etwas zurückgesetzte Bau mit einer hohen Toreinfahrt, weist mit einer Markierung im Obergeschoß auf sein Entstehungsjahr 1659 hin. Unter der Erdgeschosshalle befindet sich ein Kellergewölbe in gleicher Länge. Über eine verhältnismäßig steile Treppe erreicht man den Wohnbereich im Obergeschoß. Dort dominiert das prachtvolle Wohnzimmer auf der Südseite, das man als Salon bezeichnen möchte, mit handgemalten Blumentapeten und einer Stuckdecke.

Nach einem Gutachten, das vom Landesamt für Denkmalpflege angefertigt wurde, werden die Tapeten als eine herausragende künstlerische Rarität bezeichnet, die nach derzeitiger Kenntnis in Deutschland einmalig sind. Der Stil sei französisch, das Jahr der Anfertigung wird mit 1819 angenommen. Auch die Decken der übrigen Räume sind leicht stuckiert. Das Haus steht vollkommen unter Denkmalschutz. Der technische Zustand des gesamten Hauses entspricht dem des Jahres 1910.

B) Das Wohnhaus

In dem umfangreichen Garten an der Südseite, dort wo heute der Parkplatz liegt, stand einst ein Wohnhaus, das zur Straße hin mit einer hohen Mauer umgeben war. Sein äußerst massives Bruchstein-Erdgeschoss, mit einem Ritter-Saal – ähnlichen Kaminzimmer, trug ein Fachwerkobergeschoß mit sechs Räumen und einem schieferbedecktem Walmdach. Das Haus war 1965 vollkommen restauriert worden, ein wahres Schmuckstück aus dem 18. Jahrhundert. Es wurde 1966 von der Stadt Geisenheim erworben und abgebrochen, um Raum für den heutigen Parkplatz zu gewinnen.

C) Die „Scheune“

Zwischen dem nördlichen Teil des Herrenhauses (A) und der Beinstraße erhebt sich die heutige „Scheune“. Hier befand sich noch 1966 im vorderen Raum eine große, hohe Kelterhalle mit einer riesigen Kelter. Im anschließenden Hinterzimmer war eine Probierstube vom “Feinsten” eingerichtet. Eines der hübschen Buntglasfenster ist noch erhalten, es hängt im Vortragssaal. In der Raummitte stand ein langer Tisch aus dunklem Holz, umgeben von 12 geschnitzten Stühlen, in deren Rücklehnen kunstvoll drei G eingearbeitet waren, das Firmen-Emblem von Georg Görisch Geisenheim. Unter diesem Haus erstrecken sich zwei lang gewölbte Weinkeller. Auch dieses Haus wurde von der Stadt Geisenheim erworben. Den vorderen Teil hatte man abgebrochen und daraus die heutige “Scheune” mit einem Saal im Erdgeschoss und dem Obergeschoss für die Stadtbücherei errichtet. Im Untergeschoss ist ein Versammlungsraum eingerichtet worden, in dem anfangs das Ortsgericht tagte. Nach Westen schließt sich daran und im Winkel an das “Herrenhaus” der verbliebene Teil an, der im Untergeschoss von der Stadtbücherei genutzt wird. Die Obergeschossräume haben keinen eigenen Zugang, obwohl sie zum städtischen Hausbereich gehören.

D) Wagen- und Gerätehalle

An das Kelterhaus schloss sich zum Garten hin eine eingeschossige Wagen- und Gerätehalle an, die bis zur damaligen Schlosserei Schultheiß reichte. Sie musste beim Bau der Wohnblocks weichen. Nach Westen wurde die Gebäudereihe von einem umfangreichen Garten tangiert.

Die Stadt Geisenheim hat das Bachelin-Haus erworben und vorbildlich saniert. Neben der baulichen Instandsetzung wurden die Tapeten mechanisch vom Putz gelöst und nach Restaurierung auf Wabenkarton aufgezogen und wieder montiert. Heute befindet sich in der ehemaligen Kelterhalle des Bachelin-Hauses das städtische Bürgerbüro. Im kleinen Festsaal mit den noblen handbemalten Tapeten können sich Paare das Ja-Wort geben.

 

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